Im Fokus: Afrika | Reise Praxistipps

Im Fokus: Afrika | Reise Praxistipps

Selbst nicht arm an Krisen, rückt Afrika angesichts der politischen Lage in Osteuropa, Russland und dem Nahen Osten wieder stärker in den Fokus der Motorradreisenden. Anerkannte Experten liefern in Travel Time aktuelle Informationen zu den Themen Reisevorbereitung, Verhalten unterwegs und zu wichtigen Reiserouten.

Die aktuelle Weltlage macht es Motorradreisenden nicht gerade leicht. Direkt vor unserer Haustür tobt der schreckliche Ukraine-Krieg. Doch damit verbieten sich nicht nur Reisen in dieses Land von selbst, auch der Aggressor Russland ist kein Reiseziel mehr. Und mit dem Transit durch das Riesenreich fallen auch Ziele wie die Mongolei, Kasachstan, Turkmenistan, Kirgisistan und Tadschikistan (sofern man dort angesichts islamistischer Umtriebe überhaupt hin will) flach. Und auf der Südroute sieht es auch nicht viel besser aus. Die Sicherheitslage im Iran ist seit den anhaltenden Protesten und dem wieder aufflammenden Atomstreit mehr als prekär. Noch schlechter ist die Situation an der Levante: Der syrische Bürgerkrieg will auch im dreizehnten Jahr kein Ende finden, das verheerende Erdbeben im Februar hat die Not der Menschen noch vergrößert.

Möchte man die Maschine nicht per Flieger um die halbe Welt fliegen, rückt für Adventure Rider das auch nicht gerade an Krisen arme Afrika verstärkt in den Fokus. Und tatsächlich. Es lohnt sich, den Schwarzen Kontinent ungeachtet aller Probleme genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir haben Tipps und Empfehlungen von Travellern, Reiseunternehmern und Locals aus dem Touratech Kosmos zusammengetragen. Diese Experten zeigen auf, wo sich die unvergleichliche Schönheit Afrikas mit vertretbaren Risiken erleben lässt. Welche Risiken man eingehen will, ist eine sehr individuelle Entscheidung, die auf solider Grundlage aktueller Recherchen beim Auswärtigen Amt sowie bei den Tropeninstituten erfolgen sollte.

Quo Vadis: West- oder Ostroute?

Mit Tunesien und Marokko gibt es zwei Länder für einen soften Start ins Abenteuer Afrika. Doch wenn es weiter nach Süden gehen soll, stellt sich die Frage, ob man lieber die West- oder die Ostroute wählen soll, denn der klassische Einstieg über Algerien und weiter über Mali und/oder Niger ist schon seit vielen Jahren mit absolut unkalkulierbaren Risiken verbunden.

Die Ostroute hat grundsätzlich den Vorteil, dass man auf dem Weg nach Süden weniger Länder passiert, wodurch sich die Zahl der Grenzübertritte reduziert. Das spart viel Geld und Nerven. Andererseits gibt es an der Grenze zwischen Ägypten und dem Sudan häufig Schwierigkeiten mit der Verzollung der Motorräder. Nicht selten ist diese Grenze sogar für längere Zeit komplett geschlossen. Auch ist es wegen der anhaltenden Regierungskrise im Sudan derzeit kaum möglich, ein Visum für dieses Land zu erhalten, weiß Joe Küster, Inhaber des Reiseveranstalters Overcross.

An sich unproblematischer ist die Westroute über Marokko, Westsahara, Mauretanien, Senegal usw. Doch hier beanspruchen zahllose Grenzübergänge die Geduld des Reisenden. Grundsätzlich sollte auf der Westroute eine Strecke in Küstennähe gewählt werden, da die Sicherheitslage dort in den meisten Ländern besser ist als im Landesinneren, empfiehlt Sandra, die gemeinsam mit ihrer Partnerin Fiona als ADV Travel Bug diese Route jüngst befahren hat.

Papierkram

Angesichts der Vielzahl benötigter Dokumente kommen sich Motorradreisende in Afrika gelegentlich vor wie ein Büro auf zwei Rädern. Unerlässlich ist ein Reisepass, hinzukommen ein internationaler Fahrzeugschein sowie der internationale Führerschein. Nicht fehlen darf das Carnet de Passages, um das Motorrad zollfrei ein- und ausführen zu können. Von allen Dokumenten am besten Kopien anfertigen, die getrennt von den Originalen verwahrt werden. In einigen Staaten ist ein Nachweis über die Gelbfieber- und Covid-Impfung erforderlich (Impfpass).

Die heimische Kfz-Haftpflichtversicherung gilt in Marokko und Westsahara. Danach gilt es, bei jedem Grenzübertritt eine neue Police zu erwerben. Das ist meist nicht teuer – aber lästig. In den ECOWAS-Staaten, einer Wirtschaftsgemeinschaft, zu der unter anderem der Senegal oder auch Nigeria gehören, gibt es eine grenzübergreifende Versicherung. »Die Versicherungen sind meist billig, haben aber nur eine geringe Deckung. Sie sind lediglich eine Basisabsicherung, für den Fall, dass ihr mit eurem Motorrad einen Schaden anrichtet. Rechnet allerdings nicht damit, dass die lokale Versicherung dafür aufkommt, wenn ihr beispielsweise an einem einheimischen Fahrzeug einen Bagatellschaden verursacht«, erläutert Sandra von ADV Travel Bug. Einen Spezial-Tipp hat Sandra für Reisen in Westafrika, der sich besonders im Senegal bewährte: »Erstellt einen ‚Fiche‘. Das ist ein einfaches Stück Papier, auf dem ihr selbst Informationen über euch und euer Motorrad zusammentragt. Das Fiche wird euch viel Zeit sparen, wenn ihr es bei den allfälligen Kontrollen vorlegt.«

Eine Möglichkeit, sich relativ schnell durch den bürokratischen Dschungel der Grenzformalitäten zu schlagen, ist das Engagieren eines »Border Helpers«, so der Tipp von Thomas Ritt, erfahrener Afrikareisender in Diensten des Tourenanbieters Edelweiss Bike Travel. Die Sache hat natürlich ein »Geschmäckle«, beschleunigt das Verfahren jedoch häufig ungemein. »Eine Quittung wirst du für diese Dienstleistung nicht bekommen«, weiß Thomas.

Einen undogmatischen Umgang empfiehlt Thomas auch mit kleineren Geldbußen. »Wer von der Polizei einen Strafzettel erhält, fragt am besten nach einem ‚instant fine‘. Das spart nicht unbedingt Geld aber Zeit, denn das Prozedere auf der Polizeistation kann sich durchaus in die Länge ziehen. Viele ‚hilfsbereite‘ Polizisten bieten diese Alternative gerne auch von sich aus an…«, weiß der Afrika-Experte.

Gesundheitsvorsorge

Nicht zu vernachlässigen ist bei einer Afrikareise mit dem Motorrad die Gesundheitsvorsorge. Auch wenn nur Covid- und Gelbfieberimpfungen in vielen Staaten obligatorisch sind, ist eine umfangreichere Prophylaxe empfehlenswert. Allgemeine Informationen gibt der Hausarzt, deutlich tiefer im Thema sind die Mediziner an den Tropeninstituten. Neben den beiden obengenannten Impfungen ist für Reisen in Westafrika die Prophylaxe gegen Meningitis, Hepatitis A, Typhus und Tollwut sinnvoll. Doch auch eine Impfung bietet keinen hundertprozentigen Schutz gegen diese Krankheiten. »Fiona erkrankte innerhalb von vier Monaten nach ihrer Impfung an Typhus«, erinnert sich Sandra.

Hoch ist auch das Risiko einer Malariainfektion. Gegen diese Tropenkrankheit ist eine medikamentöse Prophylaxe verfügbar, die jedoch erhebliche Nebenwirkungen haben kann.

Der Weite Süden

Sind Sahara und das tropische Afrika erst einmal durchquert, warten die Savannen, Halbwüsten und Wüsten des Südens auf den Motorradreisenden. Die Sicherheitslage in den meisten Ländern des südlichen Afrikas ist deutlich besser als in vielen von islamistischen Umtrieben heimgesuchten Staaten weiter nördlich. Einsame Strecken durch atemberaubende Landschaften ziehen Adventure Rider seit jeher in ihren Bann.

Doch die Einsamkeit kann auch ihre Tücken haben. Hilfe ist oft nicht so schnell herbeizuholen, wer hier eine Panne hat, der sollte sich selber helfen können. »Die häufigsten Probleme sind Reifenpannen«, weiß Ralf Moeglich, Inhaber des Reiseveranstalters Gravel Travel, aus jahrzehntelanger Erfahrung in Namibia und Südafrika. »Als Motorradreisender muss man auf jeden Fall auf einen Platten vorbereitet sein und den Reifenwechsel bzw. die Reparatur auch schon zu Hause geübt haben«. Des Weiteren empfiehlt Ralf, für Notfälle ein Satellitentelefon oder zumindest ein Navigationsgerät mit inReach-Funktion, wie sie beispielsweise das Garmin Montana 700i besitzt, dabeizuhaben. Die inReach-Technologie erlaubt das Absetzen von Nachrichten und Notrufen auch in Gegenden ohne Mobilfunkempfang via Satellit.

Wildlife

Begegnungen mit den Big Five aber auch mit kleineren Wildtieren zählen in Afrika südlich der Sahara sicher zu den beeindruckendsten Erlebnissen. Auch außerhalb der Nationalparks kann es passieren, dass man mit seinem Motorrad auf imposante Vierbeiner trifft. Thomas Ritt kann Afrikaneulinge jedoch beruhigen: »Die meisten Tiere flüchten bei Anblick und Geräusch des unbekannten Objekts sofort«. Vorsicht ist jedoch bei einigen Spezies geboten, weiß Thomas: »Elefanten flüchten nicht, sie können sogar schnell aggressiv werden. Abstand kann hier Leben retten! Niemals sollte man sich zwischen einen Elefanten und seine Herde oder ein Wasserloch begeben. Noch gefährlicher als Elefanten sind übrigens Wasserbüffel und Nilpferde, auf die man als Motorradfahrer aber noch seltener treffen wird«.

Unbedingt vermeiden sollten Motorradreisende, bei Dunkelheit unterwegs zu sein. Tiere, dunkelhäutige und -gekleidete Menschen, unbeleuchtete Fahrzeuge, Schlaglöcher und Holperschwellen, all das birgt ein hohes Unfallrisiko. In der Nähe des Äquators wird es zudem sehr schnell dunkel.

Auch wenn die Fernreisegemeinde Afrika in den letzten Jahren zugunsten vermeintlich »leichterer« Reiseziele etwas aus dem Blick verloren hat, lohnt es sich, den Aufwand für Planung und Organisation auf sich zu nehmen. Die landschaftliche Schönheit, die Herzlichkeit der Menschen und die fahrerische Herausforderung sind alle Mühen wert. Und bei guter Vorbereitung sind auch die Risiken kalkulierbar.

Unsere Experten

Joe Küster ist Gründer des Reiseveranstalters Overcross. Joe kennt alle Tricks, mit denen man die teils skurrilen Situationen in Afrika meistert.

Sandra und Fiona bereisen als ADV Travel Bug die Welt und bewegen sich am liebsten abseits der ausgetretenen Pfade.

Ralf Möglich bietet mit seinem Unternehmen Gravel Travel Motorradreisen im südlichen Afrika an. Er lebt jedes Jahr viele Monate in Namibia.

Thomas Ritt ist Tour Programm Supervisor und Tourguide-Trainer bei Edelweiss Bike Travel. Seine Vorliebe gilt dem Süden Afrikas.

Experten-Tipp: Joe Küster

Die Grenze Ägypten-Sudan

Offiziell ist der Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Sudan geschlossen. Dennoch kommen immer wieder Individualtouristen durch. Allerdings ist Geduld gefragt. Wichtig ist, für den Sudan ein reguläres Visum und KEIN Durchreisevisum zu beantragen. Letzteres ist nämlich nur drei Tage gültig. Zusätzlich ist für den Sudan ein Travel Permit erforderlich (100 Euro). »Für die Ausreise aus Ägypten über Wadi Halfa solltet ihr auf jeden Fall drei Tage einplanen. Überprüft unbedingt euer Carnet, ob alle Daten (Fahrzeug, Motornummer etc.) hundertprozentig korrekt eingetragen sind. Schon ein kleiner Zahlendreher kann euch in riesige Schwierigkeiten bringen. Und es ist auch nicht verkehrt, einen Batzen Schmiergeld einzuplanen…«, rät Joe Küster. »Die Einreise in den Sudan verläuft dann unproblematisch – sofern ihr ein korrektes Visum besitzt. Bleibt unbedingt aktuell über die einschlägigen Kanäle informiert.«

Update 3.5.2023: Zur aktuellen Situation später im Text »Reisewarnungen«

Experten-Tipp: Sandra + Fiona

»Die Pässe bitte!«

»Wenn möglich, solltet ihr vor einer Afrika-Durchquerung einen neuen Reisepass beantragen, da sonst lange vor Kapstadt die freien Seiten ausgehen. Es lohnt sich sogar, für zusätzliche Seiten zu bezahlen, wenn diese Möglichkeit besteht. Bei den deutschen Botschaften in Afrika kann ein neuer Reisepass beantragt werden, die Wartezeit beträgt jedoch oft über drei Wochen.

Ein Carnet de Passage beschleunigt die Grenzübertritte erheblich, macht sie bei manchen Ländern überhaupt erst möglich. Eine Freundin musste in Ghana mehrere hundert Dollar Einfuhrzoll für einen Peilsender an ihrem Motorrad bezahlen, weil sie kein Carnet hatte. Ausgestellt wird das Carnet de Passages beispielsweise vom ADAC gegen Hinterlegung einer Sicherheitsleistung.

Manchmal sind die Landgrenzen geschlossen und man benötigt ein spezielles Dokument namens ‚laissez passer‘, um durchzukommen. Wir haben dieses Dokument zum Beispiel in der Elfenbeinküste benötigt – ein Land, in dem auch die Sicherheitslage prekär ist«, berichten Sandra und Fiona.

Malaria

Die durch den Stich der Stechmücke Anopheles übertragene Malaria ist eine gefährliche Krankheiten. Doch wenn man nach Auftreten der ersten Symptome schnell einen Arzt aufsucht, wird man in der Regel intravenös behandelt und fühlt sich innerhalb weniger Tage besser. In den meisten Fällen wird man dann aus dem Krankenhaus entlassen und muss sich ausruhen sowie weitere drei bis fünf Tage Medikamente einnehmen. Schlimme Malariafälle treten häufig dann auf, wenn die Symptome ignoriert werden, und die Behandlung zu lange hinausgezögert wird. »Ob ihr vorbeugende Medikamente einnehmt oder nicht, ist eine sehr persönliche Entscheidung, die ihr mit einem Tropenmediziner besprechen solltet. Ganz wichtig ist auf jeden Fall, dass ihr euch mit langärmeliger Kleidung, geeigneten Repellents sowie Moskitonetzen gegen Insektenstiche schützt«, empfiehlt Sandra.

Experten-Tipp: Ralf Möglich

Sicherheit per Satellit

Während in vielen Regionen Afrikas das Mobilfunknetz mangels Festnetz hervorragend ausgebaut ist, ist man in anderen Landstrichen tagelang ohne Netz unterwegs. Im Notfall kann es also lange dauern, bis Hilfe alarmiert ist. Abhilfe schaffen Satellitentelefone, die direkt über die künstlichen Erdtrabanten kommunizieren. Doch Geräte wie Tarife sind teuer. Eine günstige Alternative bietet die inReach-Technologie. Das System nutzt ebenfalls die Iridium-Satelliten, die nach Angaben des Unternehmens eine weltweite Abdeckung bieten. Mit inReach können Textnachrichten gesendet und empfangen werden sowie Notrufe an das International Emergency Response Coordination Center, die rund um die Uhr besetzte, globale Rettungszentrale, abgesetzt werden. Auch ein Live-Tracking der eigenen Reiseroute ist möglich. In zahlreichen Navigationsgeräten von Garmin ist die ­inReach-Technologie integriert. Es gibt mehrere Abomodelle für den Service mit monatlicher oder jährlicher Laufzeit.

Experten-Tipp: Thomas Ritt

Essen unterwegs

Beim Essen sollte man ruhig abenteuerlustig sein! »Selten habe ich so gutes Hühnchen und Fisch probiert wie in Afrika. Und das auch in eher schäbig aussehenden Lokalen. Leitungswasser und Salat sind dagegen tabu. Tipp für Freunde von Soft Drinks: Stoney Tangawizi schmeckt mit seiner leicht würzigen Note zu jedem Gericht«, rät Thomas.

Nationalparks

Ostafrikanische Nationalparks kosten ziemlich viel Eintritt, den man mittels Safari-Card bezahlen muss. Da man ohnehin nicht mit dem Motorrad in den Park fahren darf, mietet man sich am besten einen Jeep mit Fahrer. Das ist ebenfalls teuer, lohnt sich aber, denn ohne kundigen Fahrer findet man in den Parks kaum interessante Tiere, außerdem muss man sich dann nicht selbst diese Karte besorgen. Wer die Kosten nicht auf viele Schultern verteilen kann, findet eventuell eine Mitfahrmöglichkeit bei einer anderen Gruppe. Tipp: den Hell’s Gate Nationalpark in Kenia darf man zwar nicht mit dem Motorrad, dafür aber mit dem Fahrrad befahren! Motorräder können am Parkeingang geparkt werden. Die Gebühr muss individuell ausgehandelt werden, eine Garantie gibt es dennoch nicht.

Reisewarnungen Afrika

Reisewarnungen werden ausgesprochen, wenn davon ausgegangen werden muss, dass jedem Reisenden eine konkrete Gefahr für Leib und Leben droht. Gegebenenfalls wird auch nur vor Reisen in bestimmte Regionen eines Landes gewarnt (Teilreisewarnung).

Zitat Website Auswärtiges Amt, Stand März 2023.

Update 3.5.2023

Kurz vor Redaktionsschluss ist die politische Lage im Sudan eskaliert. Aufgrund einer bürgerkriegsartigen Situation ist eine Einreise bis auf Weiteres nicht möglich und absolut nicht ratsam. Dies macht die beschriebene Ostroute obsolet.

Aktuelle Informationen unter

www.auswaertiges-amt.de



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